Mozart und die Zauberflöte

Artikel über Mozart von Helmut Reinalter in DIE ZEIT
Literatur

Das Mysterium der Zauberflöte
Von Frank Heinrich, ISBN 392709322X, MDG-Verlag, Leipzig/D, 160 S., Pb., € 18,50
Wenn man heute eine Aufführung von Mozarts Zauberflöte besucht, wird man - je nach der Interpretation des Regisseurs - ein mehr oder weniger romantisch-phantastisches Singspiel erleben, das weit von Wolfgang Amadé Mozarts Intention entfernt ist. Die letzte Aufführung einer jungen Regisseurin, die ich in Mönchengladbach sah, spielte in einem überdimensionalen Kinderzimmer und das ganze Theater war eine reine Kinderei.
 
Mozart komponierte und schrieb zusammen mit den Freimaurern Emmanuel Schikaneder, möglicherweise auch mit Karl Ludwig Giesecke 1791 die weltberühmte Oper "Die Zauberflöte".
Die Zauberflöte ist zweifellos Mozarts populärste Oper und die meistgespielte im deutschsprachigen Raum; aber sie gibt auch die größten Rätsel auf. Mozarts Zeitgenossen fanden sicher zu diesem Werk eher Zugang als der moderne Mensch, denn sie entdeckten in dem Singspiel Hinweise auf die Freimaurerei, auf das antike Ägypten und auf die mit diesem Land verbundene Mysterienkultur, Aspekte, die damals durchaus erfassbar waren und dem Zeitgeist entsprachen. Der Autor Frank Heinrich, selbst Freimaurer, analysiert die Symbolsprache Mozarts in diesem Werk, jedoch keineswegs vordergründig, sondern im Kontext zur Freimaurerei, so wie sie von Mozart und seinem(n) Librettisten gedacht war. Dabei wird zweierlei deutlich: Die Oper legt ein Ritual mit seiner ganzen subtilen Symbolik offen und verschleiert gleichzeitig den Erkenntnisbezug für den profanen Zuschauer. Ein Weg, der bis in die antiken und vorgeschichtlichen Mysterienkulte zurück reicht. Und: Mozart war zweifellos ein Wissender, ein Eingeweihter, der in seiner "Zauberflöte" das Wissen vom universellen Gesetz der Polarität und deren Vereinigung (Chymische Hochzeit, Hieros Gamos) in das Bühnengeschehen einbrachte. [ru.]

Die Zauberflöte
Oper und  Mysterium

Von
Jan Assmann, ISBN 3446206736, Hanser Verlag, München/D, 384 S., Geb., € 24,90 / CHF 44,50
Der Autor ist Ägyptologe und erforschte Mozarts "Zauberflöte", die ursprünglich
unter dem Titel Die Egyptischen Geheimnisse auf die Bühne kommen sollte, aus der Sicht der "Ägypten-Rezeption" der europäischen Kultur des 18. Jahrhunderts. Allerdings sagt Assmann gleich, dass es ein utopisches Ägypten ist, das Mozart hier zitiert. Auch interessiert den Autor Assmann weniger eine Entschlüsselung der Oper anhand ihrer Symbolik, sondern vielmehr im Hinblick auf ihre Struktur als "Mysterienspiel", und zwar als eines, das die Zuschauer zu Mitspielern macht: "Die Zauberflöte bringt ein Ritual auf die Bühne und lässt es nicht nur vor den Zuschauern ablaufen, sondern bezieht diese auch auf eine ebenso subtile wie intensive Weise in dieses Ritualgeschehen ein," schreibt Assmann. Der Geist der Freimaurerei, der seinerzeit und besonders in Wien durch die Erforschung der Mysterienkulte gekennzeichnet war, "bildet den geistigen Kontext und Nährboden der Oper." Dennoch bemängelt der Ägyptologe die "Abarbeitung" ritueller Motive in der Zauberflöte, die im Sinne einer Gegensatzthese von Aberglaube und Weisheit, von Volk und Elite dargelegt seien. Das dominierende Element der Oper sei zwar der Initiationsritus, aber durch den "zum Liebesroman ausgestalteten Orpheusmythos" und die "komische Spiegelung zwischen den Schicksalen eines hohen und tiefen Paars" gewinne die Handlung Tiefe und Komplexität. So sei die Zauberflöte keine esoterische Allegorie, sondern - eben - ein musikalisches Meisterwerk. [ru.]
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